2. Tag, Dienstag, 4. September 2007, Ulaanbaatar - Arwaicheer

Das Frühstücksbuffet müssen wir uns mit dem zentralasiatischen Radiologenkongress teilen. Danach sofort zum roten Bürogebäude – fünfter Stock – Mung Datgaal Incurance Company – wieder das Loch in der Tür – keiner da. Einen Stock tiefer geben sie uns auf unsere mit Händen und Füßen vorgetragene Frage (spricht ja keiner Englisch dort) zu verstehen – wir sollen es um 10.30 noch mal probieren.

Wir beschließen den Panda in Betrieb zu nehmen und vom Hotel ins nahegelegene Einkaufszentrum zu fahren. Das sperrt auch erst um 10.30 auf. Alles Frühaufsteher da.

Der Einkauf besteht dann hauptsächlich aus Wasser – 15 Liter für jeden – und 3 Flaschen Wodka – zur Sicherheit.

Wir fahren diesmal zum roten Bürogebäude – und wundern uns über den Verkehr. Regeln scheint’s keine zu geben – man fährt einfach drauflos. Große Kreuzungen sind vielfach ungeregelt. Ein ziemlicher Horror. Und wir haben keine mongolische Autoversicherung für ausländische Autos.

Parken war sogar recht einfach – direkt vor einem mehr als doppelt so großen Mercedes. Kenn ma schon – fünfter Stock – Mung Datgaal Insurance Company. Und diesmal steckt die Türschnalle. Zwei mittelalterliche Mongolinnen hinter der Tür. Wir versuchen der einen klar zu machen was wir wollen – auf Englisch – auf Deutsch – Gebärdensprache – Pantomime – BASIC - ist wie bei Activity – eine mongolische Autoversicherung für ausländische Autos. Sie lächelt uns freundlich an, telefoniert mit ihrem Handy das sie uns dann rüberreicht. Am anderen Ende eine deutschsprachige Frauenstimme der wir dann doch etwas überrascht unser dringendes Begehr erklären: eine mongolische Autoversicherung für ausländische Autos. Bekommen wir dann auch sofort ausgestellt – gegen umgerechnet 15 Euro.

Hurra! Endlich kanns los gehen. Wir müssen nur aus Ulaanbaatar raus. Kilometerstand: 193.153. Aber wo ist raus? Unser Stadtplan den wir vom Hotel mitgehen haben lassen zeigt nur die Innenstadt. Unser Tagesziel ist die Stadt Arwaicheer, ca. 450 km nach Südwesten. Also die Ausfallsstraße nach Südwesten finden – gut quer durch die Innenstadt – alles kein Problem in dem Verkehr – wir haben ja eine mongolische Autoversicherung für ausländische Autos. Die Richtung passt zumindest laut unserem Garmin Gecko (ein Handheld GPS für Wanderer und
Radfahrer). Hoffentlich fährt oder springt uns keiner rein. Dann finden wir doch 1 Straßenschild (in Worten „ein“) das wir auch noch entziffern können. Und ja wir sind richtig. In der Peripherie dann Kraftwerke und Industrieruinen – wohl Erbe der Sowjetzeit.

Kurz vor dem Ende von Ulaanbaatar eine Straßengabelung (ohne Wegweiser natürlich) - wir nehmen die größere breitere Straße – doch die dreht lt. GPS nach einiger Zeit nach Norden – nicht gut. Also wieder zurück – die andere wars.

Nach kurzer Fahrtstrecke ist der eh nicht so gute Asphalt aus und eine staubige, auch nicht so gute Schotterstraße beginnt. Wir sind in der Steppe. Die Landschaft besteht aus grünen Hügeln.

Jedes Mal wenn uns ein Auto entgegenkommt oder überholt – ist aber nicht oft der Fall – dringt eine Staub- und Sandwolke in das Innere des Pandas. Auch wenn wir bremsen müssen um einem Loch oder Stein auszuweichen.

Die Straße wird ein wenig später von einem gossen Sand- und Erdwall unterbrochen der quer über die Straße liegt. Wir verstehen – die Straße ist in Bau oder Reparatur – wir müssen runter und in den Fahrspuren die in 3er oder 4er Reihen parallel zur Straße Richtung Horizont verlaufen – weiterfahren. Wir können zwar immer wieder zurück auf die Straße aber alle 2-3 km versperrt so ein Erdwall den Weg – also bleiben wir gleich im Gelände und fahren auf einer dieser super staubigen Fahrspuren – die eigentliche Straße – die mal weiter weg im Gelände – mal wieder näher ist - aber immer im Blick. So ist die Navigation wenigsten einfach – auch wenn wir nicht wirklich schnell fahren können – es rumpelt ziemlich.




Nach einigen Stunden Rumpelei – durch diese grünen Hügeln in denen mal mehr mal weniger verstreut immer wieder Jurten zu sehen sind – auch sind wir durch echte Dörfer gefahren mit festen Häusern – springt auf einmal ein Polizist auf die Straße und bedeutet uns stehen zu bleiben.

Die Pässe will er sehen, den Führerschein und die Autopapiere – aber nicht unsere mongolische Autoversicherung für ausländische Autos. Warum nicht? Was ist mit ihm? Weiß er das nicht?

Wir versuchen ihm aufgeregt zu zeigen was wir vorhaben – dass wir nach Österreich fahren wollen – er versteht uns nicht ganz – dafür will er uns auch was zeigen denn er deutet auf unseren linken Hinterreifen – Weiß er von unserer Reparatur in der Hotelgarage? Geheimdienst? Nein, wir haben einen Patschen! Der einsame Steppenpolizist deutet auf eine Ansammlung an Holzbaracken gleich neben der Straße ein Stück weiter vorne – dort sollen wir hinfahren. Gut machen wir. Es ist der einzige Polizist den wir in der Mongolei zu Gesicht bekommen. Vielleicht ist es auch der einzige in der gesamten Mongolei – wir wissen es nicht.

In einer dieser Holzbaracken befindet sich doch tatsächlich ein Reifenschuster – Glück muß man haben. Der Rad ist schnell herunten – der Reifen hat ein Loch. Wir beschließen in den an sich schlauchlosen Reifen einen der Schläuche aus dem Ersatzteillager des Pandas einbauen zu lassen. Eine Sache von 5 Minuten für den mongolischen Reifenflicker. Scheint in diesem Land ein gutes Geschäft zu sein. Wir haben zwar zwei Reserveräder und noch einen Reifen mit aber die vier Räder die montiert sind haben einen größeren Umfang – wegen der Bodenfreiheit – so hätten wir zwei Räder tauschen müssen.

Weiter geht’s. Wir rumpeln so vor uns hin. Durch die Steppe. Wenig Verkehr – ein paar LKWs und so japanische Kleintransporter die bis über die Dachgalerie hinaus mit Material und Menschen beladen sind. Mit so was fahren sie überland und suchen sich einen neuen Platz um ihre Jurte wieder aufzustellen – sind halt moderne Nomaden – wir nennen sie Jurtentaxis.

Dann eine deutliche Abzweigung – aus der Karte geht nicht viel hervor – Straßenschilder gibt’s auch keine – die Straße die nach Südwesten führt scheint abgesperrt zu sein – durch einen unpassierbaren Erd- und Steinwall. Was tun? Die LKWs biegen nach Norden ab. OK, Allrad rein und neben der Straße über Gräben und Erdwälle die Sperre umfahren – wir müssen nach Südwesten. Und tatsächlich die Straße ist wieder in Bau bzw. nicht befahrbar und neben der „Straße“ wieder Fahrspuren.

Wir trauen unseren Augen kaum – als wir nach etlichen Kilometern wieder auf die Straße sehen – das ist nigelnagelneuer schöner schwarzer Asphalt. Die Straße ist aber clever mit Gräben und Erdwällen abgesperrt – es sind auch Baumaschinen drauf zu sehen. Echt unfair – wir rumpeln und pumpeln kilometerlang mit 30 – 40 km/h neben dem schwarzen Asphaltband her. Es wird uns zu blöd – wir fahren durch das Gelände näher an die Straße heran – Allrad rein – und der Panda schiebt sich über den Erdwall und die Gräben auf die Straße. Im Vergleich zu vorhin schweben wir jetzt – wir sind das einzige Auto. Alle paar km müssen wir allerdings von der Straße runter und einen Entwässerungsgraben umfahren, der von einem Erdwall der quer über die Straße liegt, geschützt wird. Kein Problem – Allrad rein – runter von der Straße – Graben
umfahren – wieder rauf. Eine komische Art Straßen zu bauen. Aber besser als die Rumplerei.

Der Asphalt wird auf einmal schlechter – es ist die alte Straße – dafür gibt’s keine Gräben zu umfahren. Wir kommen gut weiter. Echt viel Verkehr – jede Minute ein LKW. Ist die Hauptverbindung – ok die einzige Verbindung nach Ulaanbaatar. So rollen wir in den Sonnenuntergang. In der Dämmerung fängts dann zu regnen an. Es muß kurz vor der Stadt schon sein als neben der Straße ein Hüttl auftaucht, der Schranken der die Straße absperrt ist in der regnerischen Dunkelheit nicht so gut zu erkennen. Wir bleiben stehen. Ein Mongole nähert sich und hält uns einen Zettel vor die Nase. Es steht lauter kyrillisch mongolisches Zeugs drauf. Wir erkennen aber 500 Tögrög. Wir verstehen – wir müssen Maut bezahlen. Gut, die 30 Cent sind zu verkraften.

Jetzt geht noch einen Hügel hinauf – von der Stadt noch immer nichts zu sehen. Die hat 20.000 Einwohner – da muß man doch zumindest einen Lichtschein am Horizont sehen. Kurz vor dem Ende des Hügels dann die Niederlage des Tages – Benzin ist aus. Nein! Gibt’s ja nicht! Wir haben im Gelände mehr verbraucht als berechnet.

Also unser ganzes Gepäck – so ca. 100 Taschen inkl. dem ganzen Campingzeugs (nein, soviel sinds natürlich nicht) auf die nasse Straße ausladen!

Unser Panda hat statt der Rückbank eine Platte, die von den Vordersitzen bis zu Heckklappe reicht – so ergibt sich ein großer Stauraum für das Gepäck, darunter befinden sich die Ersatzteile, das Werkzeug und die zwei 20 Liter Reservekanister – deswegen das Gepäck ausräumen.

Im Regen nachgetankt und weiter gehts. Das gibt’s jetzt aber nicht – auf der Kuppe angekommen sehen wir direkt dahinter die Stadt und als eines der ersten Gebäude – eine hell beleuchtete Tankstelle – wir sind seit dem Nachtanken grad mal 500 m gefahren. Was für eine Niederlage. In der Tankstelle nochmals alles ausräumen – wir müssen ja den Reservekanister wieder auffüllen - hehe.

Laut „Lonely Planet“ ist das Buyan Bulagan Hotel „the best Hotel in town“ – wir vermuten eher das einzige „hotel in town“ – was solls wir fahren hin. Das Zimmer das wir bekommen – wir scheinen die einzigen Gäste zu sein ist – naja schreiben wir „einfach“. Zumindest sind die Betten sauber und ohne Viecher. Nur das Bad mutet uns lebensgefährlich an. An der Wand ist überkopf so eine Art Spülkasten montiert in den der Kaltwasserschlauch hineinragt. Drinnen scheint so was wie ein Tauchsieder zu sein. Es ist die Warmwasserbereitung. Das Warmwasser fließt dann durch die Schwerkraft zum Duschkopf. So weit so gut – wäre da nicht das Stromkabel das ziemlich quer durch den Raum zur aus der Wand herausragenden Steckdose führt – die nur wenig blanken Drähte verschwinden im Dunkel der Wand. Wurscht gwesen – den ganzen Tag Staub geschluckt – da nimmt man auch einen Stromschlag in Kauf.

An das Hotel ist auch ein Restaurant angeschlossen („best Restaurant in town“). Es besteht aus einer Art Bar, einem Getränkeeiskasten und 3 oder 4 Tischen, die von den Neonleuchten hell angestrahlt sind – im deutlichen Gegensatz zur minimalen Straßenbeleuchtung draußen. Wir sind die einzigen Gäste - es ist schon 10 Uhr als wir uns hinsetzen – ein junges Mädchen bringt uns eine Speisekarte – auf mongolisch – zumindest halten wir sie richtig. Sie deutet immer aufeine Zeile und sagt so was ähnliches wie Gulasch – zumindest verstehen wirs so. Es scheint nur dieses eine Gericht zu geben. Ok auch gut – zweimal her damit. Der Getränkeeiskasten interessiert uns auch – hier gibt’s Tiger Bier aus Singapur. Wiedermal Abend gerettet. Das Mädchen serviert uns – Gulasch – Rindsgulasch – und was für eines – sehr lecker.

Gute Nacht!

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