11. Tag, Donnerstag, 13. September 2003, Samara - Saratov - M6

An der Rezeption können sie uns mal wieder nicht weiterhelfen als wi nach einem Weg aus der Stadt raus fragen – sie wären nicht von hier geben sie uns zu verstehen.

Aha.

Danke wir finden schon selber raus. Wiederschaun.

Tun wir aber nicht.

Nach einer Stunde Herumgekurve sind wir immer noch nicht viel weiter – außer dass wir zweimal umgedreht haben und durch ziemlich wilde Gegenden gefahren sind. Dem Panda gefällts auch nicht – er fängt wieder zu quietschen an.

Der Gecko ist schon längstens an, aber die Himmelsrichtung hilft uns aber auch nicht wirklich weiter.

Sayonara Samara.

Endlich auf der Landstraße die durch endlose Vororte führt und endlich auch ein Wegweiser wieder - nach Wolgograd – das ehemalige Stalingrad – ja das ist unsere Richtung – wir müssen etwa 250 km nach Süden – der Wolga entlang fahren bis nach Saratov.

Tagesziel wäre Kursk – das sind aber von Samara mindestens 1100 km. oder Voronez – eine größere Stadt vor Kursk –nicht ganz so weit. Über die Wolga müssen wir auch noch drüber. Laut Karte ist erst in Saratov eine Brücke. Wir wollen aber nicht schon wieder in einer großen Stadt herumkurven.

Am halben Weg zwischen Samara und Saratov ist in einem kleinen Ort auch so was wie eine Brücke über die Wolga eingezeichnet.

Probieren wir die halt aus.

Die Gegend schaut ärmlich aus – die Dörfer mit den desolaten windschiefen Holzhäusern und den vor sich hin rostenden Gasleitungen sind ärmlich.


Die Straße ist schlecht – viele Löcher und Querrillen wieder. Seit längerer Zeit fürchten wir wieder um die Blattfeder.

Erst nach langer –weil langsamer Fahrt erreichen wir Balakov – der Ort mit der Brücke. An der Einfahrt gleich mal ein Atomkraftwerk – und ein Wald aus Strommasten – sehr einladend.
Wir fahren durch den Ort und stehen auf einmal mitten zwischen Feldern – falsche Richtung – die Straße besteht nur aus Löchern. Wieder umdrehen – zurück – ein geplanter Ort – Schachbrett. Und groß ist er. Hat auf der Karte gar nicht so ausgesehn – nur ein kleiner gelber
Punkt.

Aber was uns stutzig macht – da ist keine Brücke – da ist nicht mal die Wolga.
Natürlich keine Schilder oder Wegweiser. Mit dem Gecko nach Westen. Da muß der Fluß ja sein – der Ort hört ja gar nicht auf. Dann endlich eine Brücke – eine kleine – kann nicht die Wolga
sein – ein Nebenarm – in der Ferne sind große Portalkräne zu sehen. Dann so was ähnliches wie eine Einfahrt – schaut aus wie eine Eisenbahnunterführung aus - nur die Schienen verlaufen danach oberhalb der Straße in die gleiche Richtung.
Das ist die Brücke über die Wolga. Der Fluß ist nicht zu sehen. Mauern links und rechts. Aber aufgrund der Fahrtdauer ist die Wolga hier sehr breit.

Geschafft. Und da ist auch schon die Hauptstraße die auf der Westseite der Wolga nach Saratov führt. Leider im noch schlechteren Zustand als die Straße vorhin. 30 - 40 km/h. Die scheinen da in der ganzen Gegend kein Geld zu haben.

Nach langer langer Fahrt, es sind noch vielleicht 20 km bis Saratov und wir haben für die 250 km von Samara bis hierher über 5 Stunden gebraucht – eine Abzweigung – die Abzweigung nach Westen – Voronez und Kursk sind auch schon angeschrieben. Wir wollen die Wolgagegend endlich verlassen.

Vor lauter Aufregung die Abzweigung zu sehen und der Freude nicht direkt nach Saratov hineinfahren zu müssen – fahren wir gleich mal dran vorbei.

Mist!
Wir müssen umdrehen.

Kurz die Vorsicht verloren und wir drehen auf der Stelle um – Doppelte Sperrlinie. Schon beim Umdrehen ein schlechtes Gewissen. Wir sind mitten in einer Senke. Eh schon wissen – oben auf den Kuppen stehen sicher Polizisten.

Na genau so ists auch.

Er winkt uns sofort heran und freut sich sichtlich auf Ausländer. Ein Ungustl. Sofort Führerschein weg. Im Polizei-Lada dann die Preisverhandlung. Der ungute Kieberer sitzt am Fahrersitz, die Mütze in den Nacken geschoben, er raucht, sitzt lässig da in seiner nachlässigen Uniform – redet irgendwas auf russisch – lacht ein paar mal hämisch und schreibt auf einen Zettel: $ 400

Na ganz sicher, du Volltrottel. Wir haben keine 400 $ versuchen wir ihm verständlich zu machen – also zumindest nicht im Geldbörsel – da sind grad mal 50 $ drin.

Ist ihm zu wenig – er will uns in seinem Lada nach Saratov führen – auf die Bank! Hä, ist der noch dicht?

Schließlich akzeptiert er die 50 $ - ins Handschuhfach sollen wir sie legen. Damit hat er sie nicht angegriffen. Das wär ja sonst korrupt oder Bestechung. Und so was gibt’s ja bei der russischen Polizei nicht. Zum Abschied müssen wir ihm die Hand geben. So ein Oasch.

Wahrscheinlich gibt’s in Saratov auch ein „Hotel“ President. Will sich einen schönen Abend dort machen und da sind wir ihm gerade recht gekommen. Die erste wirkliche Übertretung und schon erwischt.

Zwei Russen auf der Seite haben die Szene aus der Nähe beobachtet - einer spricht ein wenig Deutsch. Wir hätten zuviel bezahlt meint er und rät uns - nur so als Vorsorge für das nächste Mal - 5 US$ in den Führerschein zu legen.

Auf der Ostseite von der Wolga - gegenüber von Saratov liegt die Stadt Engels. und 25 km südwestlich von Engels ist am 12. April 1961 Juri Gagarin, Mitglied der "Ersten Kosmonautengruppe der Sowjetunion" nach seinem Raumflug mit dem Fallschirm gelandet - nachdem er sich in 7000 m Höhe mit dem Schleudersitz aus der Raumkapsel Wostok I rausgeschossen hat. Es war der erste bemannte Raumflug - ganze 108 Minuten lang. Ihn haben sie dann zum Helden der Sowjetunion ernannt und am Landeort ein Denkmal aufgestellt. Leider keine Zeit zum Hinfahren. Der gute Juri hat sich dann sieben Jahre später mit einer MiG-15 derstessn.


Zurück zur Abzweigung – Richtung Westen – Raus aus der Gegend da. Nach ein paar Kilometern wird die Straße auch wirklich besser. Na bitte. Dafür fängts in der Dämmerung zu regnen an. Voronez werden wir nicht schaffen – geschweige denn Kursk.

Aber es sind keine größeren Orte mehr am Weg – sehr ländliche Gegend wieder.

Nach Einbruch der Dunkelheit wird’s wieder schwierig. Nichts zu sehen durch die nassen Scheiben. Kennen wir schon. Und jetzt taumeln auch noch die Bsoffenen wieder am Straßenrand herum.

Das wird heute ein Fall für das Hotel Panda.

Kurz vor 10 haben wir genug – wir fahren in eine Tankstelle in einem kleinen Ort hinein – stellen den Panda auf die Seite zwischen zwei LKWs – wegen dem Regen gibt auch kein Abendessen.

Wir müssen auf den Vordersitzen schlafen sie lassen sich grad mal um ein paar Grad nach hinten neigen. Schlafen aber trotzdem schnell ein.

Kurz nach Mitternacht pumperts an der Fahrertür. Der Tankwart oder einer seiner Helfer gibt uns unmissverständlich zu verstehen dass wir unverzüglich von hier zu verschwinden haben.

Wir fahren schlaftrunken ein paar Kilometer weiter aus dem Ort raus – biegen am nächsten Feldweg ab und verstecken den Panda.

Nicht so sehr aus Angst vor einem Überfall, eher vor der patrouillierenden Polizei. Wir wollen nicht wegen Verstoß gegen das russische Ausländer-Meldegesetz oder wegen Landstreicherei belangt werden.

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