13. Tag, Samstag, 15. September 2007, Grenze - Kiew - Lemberg

Es ist schon halb 8. Was wo wie wer? Solange haben wir wieder geschlafen? Auf den Vordersitzen im Hotel Panda. Die Nacht war arschkalt. Jetzt im beginnenden Sonnenaufgang hat es + 3 Grad. Keine Motivation sich aus den Schlafsäcken zu schälen. Trotz vollem Gewand und Jacke ist es im Schlafsack ungemütlich. Halb 8? Welche Zeit wiedermal? Stimmt das überhaupt? Draußen ist es feucht. Die Scheiben sind beschlagen.

Nach zwei Nächten im Hotel Panda stinken wir wie die Pumas. Wurscht - ist eh keine Frau dabei.

Sind wir nicht langsam zu alt für sowas? Wäre nicht mal ein All-inclusive Club-Urlaub in der Domrep ein echte Alternative? Kurz aber nur kurz ist der Gedanke!

Wegen der Kälte freut es Keinen Kaffee zu machen. Hauptsache im Auto sitzen und den Motor warm laufen zu lassen.

Wir müssen diese Straße finden die wir gestern in der Nacht vergeblich gesucht haben. Gibts ja nicht. Schnell beschließen wir nach Shostka, den nächsten größeren Ort lt. Karte, ca. 30 km nach Norden zu fahren - zwar nicht unsere Richtung aber von dort gehen mehrere kleinere Straßen weg - von denen eine nach Südwesten führt und unsere Straße kreuzt - zumindest laut Karte.

Im Ort müssen wir nur einmal umdrehen und kurz zurückfahren - Straßenschilder scheints in der Ukraine auch noch nicht so häufig zu geben - aber wir finden die Straße und fahren ein Stück aufs Land hinaus.

Es ist ein wunderschöner ruhiger idyllischer Morgen.

Nach einiger Irrfahrt durch die Dörfer schneiden wir tatsächlich eine größere Straße an. ABER sie ist Richtung Westen - Richtung Kiew gesperrt bzw. gar nicht vorhanden. - Auf Nachfrage bei einer Tankstelle versucht man uns begreiflich zumachen (die sprechen hier auch kein Englisch) - diese eine Straße auf unserer Karte gibt es gar nicht bzw. ist erst in Bau.

Liebe Mitarbeiter vom Reise Know-How Verlag! Was soll des? s'a Wahnsinn! Große rote Straßen in die Karte einzeichnen die es noch gar nicht gibt oder nie geben wird! Und uns in der Nacht verwirren. Bitte ändern aber schnell! Und noch was - eh nur eine Kleinigkeit - es ist die SLOWAKEI die an die Ukraine grenzt - und nicht SLOWENIEN. Wie der Bushtrottel - echt!

Es folgt eine lange Fahrt durch diese ländliche Gegend mit ihren kleinen idyllischen Dörfern durch den Vormittag. Wir nennen sie Romantic Route.

Als die Sonne dann etwas höher steht und es draußen wärmer ist - ist das Frühstück dran. Ran an die Seite - Benzinkocher anwerfen - Chillidose drauf - Danke Inzersdorfer!

Die Straßen in den Dörfern bestehen teilweise aus Kopfsteinpflaster das noch ein Erbe der Römer sein muß. Wiedermal unfahrbar - oder Riesenlöcher.

Aber die Dörfer schauen wesentlich gepflegter aus und wirken nicht so verfallen wie in Russland. Dann treffen wir endlich auf eine Hauptstraße und hier endlich auch Straßenschilder - und ja wir sind richtig - hier gehts nach Kiew.

In einer größeren Stadt wechseln wir in einer Bank unsere Rubel in die ukrainische Währung - wir haben keine Ahnung wie das Geld heißt. Aber US$ wollens hier auch nicht.

Ab der Stadt Chernihiv führt so eine Art Schnellstraße, vierspurig mit Mittelstreifen, weiter. Wir kommen richtig toll weiter. Sie führt zwar auch vierspurig durch Dörfer und die Menschen überqueren die Straße an allen Ecken und Enden - aber immerhin. Und noch etwas fällt sofort auf: Es gibt hier viel viel weniger Polizei als in Russland. Das ist richtig beruhigend.

An der Häufigkeit der Marterln und Blumen am Straßenrand hat sich aber nix verändert.

Am Straßenrand wird alles mögliche verkauft. Auch Pilze. Mutet seltsam an, denn die Straße führt grad mal 30 km an der Tschernobyl-Sperrzone vorbei.

Auch sind wir wieder in so einer Art Demokratie - viele Wahlplakate - ist ja kurz vor den Parlamentswahlen - vor 3 Jahren war ja die orange Revolution von Wiktor Juschteschenko - heute Staatsräsident - der dens vergiftet haben und in Wien behandelt wurde und Julija Tymoschenko - die Prinzessin Leia - wegen ihrer geflochtenen Strudelfrisur.

Dann Kiew - die Hauptstadt der Ukraine. Eine 2 Millionenstadt, mit mehreren Stadtautobahnen. Wir überqueren große Wasserflächen mit Segelbooten drauf. Schöne Stadt! Natürlich kein Durchfahrtsplan. Wir müssen aber nur zweimal umdrehen. Ned so schlecht. Nach einer Stunde sind wir draußen. Auch hier wieder hilft der Kompaß am GPS. Wir treffen eigentlich mehr zufällig auf die große Ausfallstraße nach Westen. Von da an wieder vierspurig weiter.

Auffallend ab Kiew gibt es Motels neben der Straße - lang keine mehr gesehen - in ganz Russland gabs das nicht. Das Herbergsuchen am Abend könnte einfach werden. Bis zum Einbruch der Dunkelheit, von ein paar längeren Regenschauern abgesehen, dann eine unspektakuläre Fahrt, aber die Fahrweise der Einheimischen wird ab da dafür um so spektakulärer. Hängt wahrscheinlich auch hier mit dem Wodka-Konsum zusammen. In einer Ortschaft dann die Schrecksekunde. In einer uneinsichtigen Linkskurve überholt ein Auto im Gegenverkehr. Plötzlich das Auto vor uns und nicht langsam. Schnelle Reaktion und wir stehen am Bankett. Glück gehabt - viel Glück gehabt.

Der Schreck sitzt noch eine Weile in den Knochen. Jetzt fängts auch noch wieder zu regnen an. 50 km noch bis Lemberg. Eigentlich heißts ja auf ukrainisch L'viv, aber wir sind schon auf ehemaligem k.u.k Gebiet - Ostgalizien. Das Fahren wird immer schwieriger - die Nacht ist stockdunkel, aus den nassen Scheiben ist nicht viel erkennbar - die engegenkommenden Ukrainer sehen keinen Grund ihre Scheinwerfer nur wegen etwaiger Blendung des Gegenverkehrs abzublenden.

Dann eine Umleitung - die Straße ist noch in Bau. Bitte nicht. Nicht wieder wie am Vormittag durch die Dörfer mit ihren schlechten Straßen und der nicht vorhandenen Beschilderung. Das in der Nacht. In der Nacht mit Regen. Bitte nein. Wir wollen nicht mehr fahren - nach knapp 1000 km heute. Aber eine dritte Nacht im Hotel Panda? Nein Danke. In der Ferne das Rücklicht eines LKWs - dem fahren wir nach - der weiß sicher den Weg durch die Umleitung. Wir fahren ihm nach und rumpeln wieder über die Löcher. Das Durchschlagen hinten rechts hören wir schon gar nicht mehr. Der LKW biegt ab wo wir nie abgebogen wären - da wären wir glatt vorbeigefahren. Gut daß er da ist - oder fährt er ganz woanders hin? Nein Glück gehabt - zwei Dörfer und etliche km Landstraße weiter erreichen wir wieder unsere Hauptstraße nach Lemberg.

Nix zu sehen. Die Augen fangen durch das angestrengte Starren in die Dunkelheit zu tränen an. Die Straße ist beim besten Willen nicht erkennbar. Mehrfach krachen wir in Löcher. Ganz schlimm ist die Blendung durch den Gegenverkehr. Wir versuchen in unserer Verzweiflung sogar mit den Stirnlampen aus den Seitenfenstern nach vorne zu leuchten um mehr zu sehen - vor uns nur eine schwarze Fläche - es gibt keine Mittel- oder Seitenstreifen. Der schwarze Asphalt schluckt auch noch das bißchen Licht das unsere altmodischen Biluxlamperln hergeben, er scheint aus Material vom Kometen 19P/Borrelly, dem dunkelsten Objekt das dem Menschen im Sonnensystem bekannt ist, zu bestehen. Noch dazu sind die Scheinwerfer durch die letzten 13 Tage Rüttlerei doch ein klein wenig verstellt - die Baumkronen können wir sehr gut erkennen. Sollt ma mal einstellen.

Dann nach schier unendlicher - weil langsamer - 40 km/h Fahrt - erreichen wir die Einfahrt von Lemberg. Gleich neben der Straße ein Hotel - das Hotel Mars. Es gibt nur mehr ein Zimmer - die Suite. Auch gut! Wurscht. Wir wollen keinen Meter mehr fahren. Kurz noch Troubles mit dem Kreditkartenlesegerät. Auch gelöst (man muß es schräg halten). Es ist halb 11 und wir bekommen tatsächlich noch was zu essen und ukrainisches Bier. Abend gerettet.






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