14., Letzter Tag, Sonntag, 16. September 2007, Lemberg - Grenze - Budapest - Grenze - Wien

Als wir kurz vor halb 8 in die Lobby kommen wartet schon eine gesamte polnische Reisegruppe und begehrt sehnlich Einlaß in das noch versperrte Restaurant - durch die verglaste Eingangstüre ist das aufgebaute Buffett verlockend zu sehen. Wir natürlich auch und wenn geht noch vor den mittelalterlichen polnischen Damen. Unsere Hotelmanagerin hat Mitleid mit uns - wir dürfen vor den Polinnen hinein - nur zu zweit vor einem Riesenfrühstücksbuffet. Ein Traum. Schnell ein Riesenberg am Teller aufladen (ja ja schon gut - keine Kommentare!) und dann werden die Polinnen hereingelassen. Nach 3 Minuten Kahlfraß. Gute Idee von der Hotelmanagerin uns vorzulassen - sie kennt mittelalterliche Polinnen offensichtlich.

Noch ca. 1000 km bis Wien.

Die weitere Fahrt von Lemberg an die ungarische Grenze führt durch die Karpatenausläufer im ungarisch-slowakisch-ukrainischen Grenzgebiet - eine sehr schöne mitteleuropäische wirkende Hügel-/Berglandschaft mit kleinen Dörfern. Wird auch Karpatenukraine genannt - oder Ruthenien.

Wir fahren über den knapp 850 m hohen, geschichtlich so bedeutenden, Werezkyj-Paß. Dieser Paß steht für die ganzen dunklen, echten oder auch vielleicht nur scheinbaren Bedrohungen, die der europäischen Geist seit Jahrhunderten aus den Steppen Asiens, oder einfach nur aus dem Osten, heraufdräuen sieht. Bis heute - Reizwort: EU-Osterweiterung.

Derjenige Leser der am historischen Kontext dieser Reise weniger interessiert ist möge 45 Zeilen weiter unter weiterlesen.

Wer ist denn da, außer uns, schon aller drübergegangen?

- naja der eine oder andere Neandertaler wird auf dem Paß schon von einem schlecht gelaunten Wollnashorn durch den Schnee verfolgt worden sein - aber das ist ein wenig weit hergeholt. Die ganzen wilden Reitervölker, durch und Jahrtausende später, wie die Kurganen, Kimmerer, Skythen, Sarmaten, Alanen sind längst vergessen. Lediglich die Römer natürlich und die Goten - ja die kenn ma wieder. Aber wirklich los geht erst am Paß im Zuge der Völkerwanderung:

- im 5. Jahrhundert warens die Hunnen - so um das Jahr 44o herum. Die sind dann weiter bis nach Paris. Mit den Hunnen wars aber auch wieder bald vorbei als ihr Anführer - jaja der Attila - in seiner Hochzeitsnacht irgendwo in der ungarischen Tiefebene mit der gotischen Prinzessin Ildikó - einen Blutsturz erlitten hat und daran verstorben ist - wers glaubt. Die gute Ildikó heißt im Nibelungenlied übrigens Krimhilde - warum auch immer - jedenfalls sind Attila und Ildikó bis heute populäre Namen in Ungarn.

- die nächsten waren dann die Awaren - auch so ein zentralasiatisches Reitervolk - so 100 Jahre später - der Karl der Große hat sie dann wieder verjagt - aus Kärnten - so weit warens - also nicht grad jetzt er persönlich selber - mehr seine fränkische Reiterei. Für das spätere Österreich aber bedeutungsvoll waren sie die Awaren - der Karl der Große hat nämlich dann ungefähr dort wo heute Niederösterreich ist eine Markgraftschaft eingerichtet - die Awarenmark - als Schutz vor eben diesen. Ein politisch/geographisches Vorgängergebilde der späteren Marcha Orientalis - der Ostmark - auch Ostarrichi genannt.

- und dann kamen sie endlich - die Magyaren - im Jahr 896 sind sie über den Paß - im Zuge der magyarischen (ungarischen) Landnahme - sie hatten auch so einen charismatischen Anführer - Großfürst Árpád - der hatte scheinbar nix mit Prinzessinen am Hut sowie vor ihm Attila und nach ihm der Dschingis - gekommen sind sie fast bis nach Augsburg - dort wars dann 60 Jahre später - dank Kaiser Otto I. - vorbei - aber es hat ihnen in der Gegend des heutigen Ungarn so gut gefallen - daß sie gleich geblieben sind.

- jaja 1241 wars dann soweit - dann kamen die Mongolischen Reiter über den Paß - damals wurden sie noch Tartaren genannt - die sind in etwa der Route gefolgt die wir auch genommen haben - jedenfalls haben sie die mittlerweile seßhaften Magyaren gleich wieder um die Hälfte dezimiert oder versklavt oder beides. Die Mongolen sind bis Wr. Neustadt und weiter im Süden bin an die kroatische Küste - weiter gings nicht - war ja das Meer - und Wr. Neustadt dürfte ihnen nicht gefallen haben - jedenfalls sind sie dann relativ bald wieder zurück in die Steppe geritten und bis heute dort geblieben.

- dann war für etliche Jahrhunderte Ruhe am Werezkyj-Paß - die Osmanen - heute verallgemeinernd "die Türkn" die ab dem 16. Jahrhundert in Ungarn geherrscht haben - sind aus dem Südosten gekommen - nicht über den Paß - allerdings nicht als Arbeitsmigranten sondern mit dem Krummsäbel in der Hand.
Kein grad politisch korrekter Absatz.

- Erst die Russen habens dann 1914/15 wieder probiert - ist ihnen aber nicht ganz gelungen - erst die 3. Ukrainische Front der Roten Armee hats dann 1944 mit etwas mehr Nachdruck geschafft und die sind dann gleich weitermarschiert bis an die Enns - und bis 1955 da geblieben - in Ungarn ein bissl länger.

- September 2007 - Sepp und András überqueren den Paß


Kurz vor der Grenze ein großer Automarkt neben der Straße und ein Haufen Leute. Hauptsächlich ziemlich neue westliche Autos! hmm...

Die ukrainische/ungarische Grenze ist gegen Mittag erreicht. Wir freuen uns richtig auf die EU.
Wie lang wirds diesmal dauern. Was kosten hier im Westen die ukrainischen Zöllner? Nix diesmal echt nix - sie lassen uns so hinüber. Aber dann Wartezeit. 3 Stunden. Der Ungar kontrolliert genau - eh klar - EU-Außengrenze. Als wir näherkommen schlimmste Befürchtungen - der ungarische Zoll läßt alle Autos vor uns komplett ausräumen - bitte nicht.

Als wir dran sind, grinst der Zöllner - klopft ein paar mal alibihalber aufs Auto - setzt sich hinein - grinst wieder - frägt "Rallye?" - wir bejahen - und sind in der EU.

Kartendilemma 2! Wir haben keine Karte von Ungarn. Aber gleich hinter der Grenze ein Schild das nach Budapest weist. Kein Kyrillisch mehr - wir können es einfach so lesen. Paßt.

Nach 20 km auf einmal Autobahn. Haben die Ungarn doch tatsächlich eine Autobahn von Budapest an die ukrainische Grenze gebaut. Die erste echte Autobahn nach knapp 8.400 km. Kannten wir nicht. Die ist nigelnagelneu. Super Asphalt der uns erlaubt 110 zu fahren. Unglaubliche Geschwindigkeit. Da geht echt was weiter.

Sonntagabend in Budapest. Fahrt durch die Stadt im Sonnenuntergang. Wenigstens kein Verkehr.

Dann wieder Autobahn. 110 km/h! Der österreichische Grenzer winkt uns in der Dunkelheit nur durch. Wir sind auf österreichischem Boden.

Parndorf! Fetzen kaufen - sollt ma vielleicht auch wiedermal.

Flughafen Schwechat - hell erleuchtet - der Kreis schließt sich.

Um 21.30 ist Wien erreicht. Das neue Palmersplakat hängt auch schon. Wir sind z'Haus. Nach 14 Tagen und 9000 km. Der Panda hats auch geschafft. Gratulation an das kleine italienische Auto!

Sepp und András

17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der spannenste Reisebericht den ich je gelesen habe. Markus G.

Anonym hat gesagt…

Bin fasziniert hängengeblieben, danke für den Bericht, sehr spannend..

Anonym hat gesagt…

super bericht - hautnah zum miterleben - danke

Anonym hat gesagt…

absoluter wahnsinn, einmal angefangen, muss man fertiglesen!da will ich nie hin!!

AUZ '08 hat gesagt…

Super Bericht! Wir werden im nächstan Jahr auch nach Ulaan Bator fahren, allerdings über eine andere Route (Türkei-Iran-Turkmenistan-Usbekistan-Kasachstan-Russland) und v.a. mit einem anderen Auto!!! Wir haben einen alten Pajero - wenn ihr wollt könnt ihr mit dem wieder zurückfahren!

michael hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
vomfeinsten hat gesagt…

Absolut klasser Bericht, macht direkt Gusto auf die 2008er Rally. Panda 4x4 hätte ich auch, brauch ich nur noch an Sponsor und an Beifahrer.

Unknown hat gesagt…

Als Panda-Freaks zu tiefst beeindruckt! Meine Freundin hat diesen Beitrag gefunden, und wir bekennen uns als Fans. Kein Scherz:
Bekomm ich vom Titelbild (das hängte nämlich eines Tages in der Küche bei uns, eben Freundin) eine hochaufgelöste Variante und das Recht n Poster draus zu machen.
Anyway: Die Vorlage ist gesetzt, mal gucken, ob wir Euch nacheifern. Respekt

Unknown hat gesagt…

Als Panda-Freaks zu tiefst beeindruckt! Meine Freundin hat diesen Beitrag gefunden, und wir bekennen uns als Fans. Kein Scherz:
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Unknown hat gesagt…

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Unknown hat gesagt…

Als Panda-Freaks zu tiefst beeindruckt! Meine Freundin hat diesen Beitrag gefunden, und wir bekennen uns als Fans. Kein Scherz:
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Unknown hat gesagt…

Als Panda-Freaks zu tiefst beeindruckt! Meine Freundin hat diesen Beitrag gefunden, und wir bekennen uns als Fans. Kein Scherz:
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Anyway: Die Vorlage ist gesetzt, mal gucken, ob wir Euch nacheifern. Respekt

Unknown hat gesagt…

Als Panda-Freaks zu tiefst beeindruckt! Meine Freundin hat diesen Beitrag gefunden, und wir bekennen uns als Fans. Kein Scherz:
Bekomm ich vom Titelbild (das hängte nämlich eines Tages in der Küche bei uns, eben Freundin) eine hochaufgelöste Variante und das Recht n Poster draus zu machen.
Anyway: Die Vorlage ist gesetzt, mal gucken, ob wir Euch nacheifern. Respekt

Anonym hat gesagt…

Eine großartige Reportage. Danke.

Unknown hat gesagt…

Hallo привіт Sepp und Andràs!
Ein sehr realitätsbezogener Erfahrungsbericht. Ich kann alle Eure Erbnisse bestätigen. Ich habe sie alle auch erlebt auf meinen Reisen 2005 und 2008 durch die Ukraine(Heimatland meines Vaters):
Hamburg-L`viv-Rudnyky-Odessa-Kherson-Krimrundfahrt-Zjurupinsk-Berezhany-Rudnyky-L`viv-Hamburg.
Vielen Dank дуже дякую dafür.
Wolodimir CD Michailowitsch

Anonym hat gesagt…

Supergeschichte. Ich habe aus irgendeinem Grund Samara gesucht und bin in Euren Blog gestolpert. 2 Tage gelesen; in Google Maps mitgefahren. Ungeheure Landschaft in der Mogolei.
Tolle Stimmung in Russland :-)

Lg, Klaus, Hannover

Anonym hat gesagt…

unglaubliche Reise, spannend erzählt. 2x gelesen, danke
Laci